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Prolog: Der Planet Uu Eitaku

Zum dritten Mal war ich jetzt unterwegs nach Uu Eitaku und kurz vor der Landung rief ich mir nochmal die wichtigsten Fakten ins Gedächtnis zurück:

Der Planet ist ein erdähnlicher Himmelskörper im Alpha Eridani-System, nur unwesentlich grösser als die Erde, mit einer Sauerstoff/Stickstoff-Atmosphäre und einem gemässigten, aber eher trockenem Klima. Die Oberfläche ist zerklüftet und felsig mit nur wenigen grösseren Hochebenen. Es gibt keine Ozeane, dafür mehrere kleine Seen und Binnenmeere. Die Vegetation in der Nähe der Seen und Flüsse gliedert sich in Wälder, Wiesen und Steppen auf und ist der irdischen Flora recht ähnlich. Ein felsiger Mond umkreist den Himmelskörper, der nur etwa halb so gross ist wie der irdische Mond. Ähnlich wie beim Saturn hat der Planet sogar Ringe aus Eis und Geröll, die Überreste eines zweiten Mondes sind, der vor langer Zeit mit dem ersten kollidiert war und dabei zersprang.

Trotz dieser nicht gerade günstigen Umstände hat sich auf diesem Planeten im Laufe der Zeit intelligentes Leben entwickelt. Die Bewohner von Uu Eitaku unterscheiden sich von Menschen nur durch eine leicht gelbgrünliche Hautfarbe und einer grösseren Palette der Haarfarben (grünes, blaues oder violettes Haar ist nicht ungewöhnlich). Sie nennen sich selbst "Eitaku" ("Uu Eitaku" heisst nichts weiter als "Heimat der Eitaku") und leben in einer friedlichen, spätmittelalterlichen Gesellschaft. In dieser Gesellschaft hat die Religion, die dem irdischen Buddhismus oder Lamaismus gleicht, eine grosse Bedeutung, weswegen es viele Tempel und Tempelanlagen gibt. Daneben gibt es eine stattliche Anzahl von Burgen und Festungen mit mehr oder weniger grossen Städten um sie herum. Jede Stadt wird von einem Bürgermeister regiert, Länder dagegen gibt es nicht und Kriege um Land oder Orte haben noch nie stattgefunden - das verbietet schon die Religion.

Neben dieser Friedfertigkeit wurde Uu Eitaku vor allem durch die Kuren bekannt, die in den Kurhäusern angeboten werden, welche meistens an eine Tempelanlage angeschlossen sind. Weil das Leben auf Uu Eitaku oft hart und entbehrungsreich ist, suchen die Bewohner regelmässig diese Kurhäuser auf und können sich dort erholen. Dies erklärt auch die trotz harter Arbeit überraschend hohe Alterserwartung. Obwohl sie eigentlich nur für Einheimische vorgesehen waren, erlaubten die gastfreundlichen Kurbetreiber auch Aussenweltlern die Teilnahme. Dadurch, dass die Erholung durch die frischen und zahlreichen Kräuter, warmen und mineralreichen Bäder, ausgedehnten Wanderungen über Berg und Tal und durch faszinierende Höhlen unerwartet schnell eintrat, kam das so gut an, dass die Nachfrage in kurzer Zeit das Angebot überstieg. Also beschloss man, die Kurhäuser zu trennen und für die Aussenweltler eigene Kurhäuser zu bauen. Neben der Landwirtschaft ist der Kurbetrieb heute die Haupteinnahmequelle des Planeten.

Die Bedienung der Kurgäste erfolgt hauptsächlich über die sogenannten Dienerinnen. Eine Dienerin muss eine zweijährige Ausbildung mit Abschlussprüfung absolvieren und verpflichtet sich zur Einhaltung von 5 Geboten:

   1. Nicht töten   
   2. Nicht stehlen   
   3. Nicht lügen   
   4. Keine sexuellen Handlungen     
   5. Die Wünsche des Gastes auszuführen, es sei denn, dieser verstösst  gegen die ersten 4 Gebote.

Die Dienerinnen-Laufbahn kennt drei Stufen: Zuerst ist man nur Dienerin, die nächst höhere Stufe ist die Erste Dienerin und die höchste die Leibdienerin. Der Unterschied zwischen diesen Stufen ist folgender:

Eine Dienerin muss zunächst jeden beliebigen Gast bedienen und jede Arbeit annehmen, die ihr zugewiesen wird. Um eine Erste Dienerin zu werden, muss sie einen Gast so gut bedienen, dass dieser sich bei seinem nächsten Aufenthalt an sie erinnert und ihre Bedienung wünscht. Es gibt aber noch eine Reihe weiterer Bedingungen: Der Gast muss einen wichtigen Grund vorweisen, der über das hinausgeht, was man von einer Dienerin normalerweise erwartet, und auch bereit sein, einen höheren Preis dafür zu zahlen. Weiterhin muss er sich mindestens ein Vierteljahr auf dem Planeten aufhalten. Wenn die Dienerin einverstanden ist und vom Kurleiter zur Ersten Dienerin bestimmt wird, so hat sie immer zuerst den einen Gast zu bedienen und dann erst die anderen. Wenn dieser Gast den Planeten verlässt, ist sie wieder eine gewöhnliche Dienerin.

Es ist also nicht leicht, eine Erste Dienerin zu werden. Bei der Leibdienerin liegen die Anforderungen noch wesentlich höher: Eine Leibdienerin dient nur noch ausschiesslich einem Gast. Dafür müssen mindestens 3 wichtige Gründe vorliegen, die Beförderung muss direkt bei der Kurkommission (oberstes Gremium der Kurleitungen) beantragt werden, weder der Gast noch die Dienerin dürfen gegen Gesetze verstossen haben und der Gast muss sich mindestens ein halbes Jahr auf dem Planeten aufhalten. In der Zeit, wo er nicht auf dem Planeten ist, hat sich die Dienerin sich auf seine Wiederkehr vorzubereiten. Weil sie in der Zeit kein Einkommen hat, muss sich der Gast verpflichten, für ihren Lebensunterhalt aufzukommen. Allein diese Bedingungen haben dazu geführt, dass es bis heute nur sehr wenige Leibdienerinnen gibt.

Es kommt immer wieder mal vor, dass sich ein Gast in seine Dienerin verliebt. Um sicherzugehen, dass diese Liebe auch von Dauer ist, wurde von der Kurkommission das Gesetz erlassen, dass eine Heirat nur für eine Leibdienerin in Betracht kommt. Vorher muss der Gast allerdings dreimal wiedergekehrt sein. Auch diese Heirat muss vorher bei der Kurkommission beantragt werden und das Einverständnis der Eltern der Dienerin muss vorliegen. Obwohl es nicht unmöglich ist, diese Bedingungen zu erfüllen, sind sie so abschreckend, dass bis heute keine Heirat einer Dienerin mit einem Aussenweltler bekannt geworden ist.

Kilia war eine von diesen Dienerinnen, die ich bei einem Besuch auf Uu Eitaku kennenlernte. Bis heute weiss ich nicht, ob es der Zufall war oder eine Art Bestimmung, dass wir zusammentrafen. Jedenfalls entstand daraus eine der ungewöhnlichsten Geschichten des Universums. Und diese möchte ich jetzt erzählen.

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